Offener Brief an die Bezirksverordneten von Tempelhof-Schöneberg

Nach vielen konstruktiven Gesprächen mit Behörden und Politikern, der enttäuschenden Begehung durch die Bauaufsicht und den sehr unterschiedlichen Signalen aus dem Schöneberger Rathaus haben wir uns nun an die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gewandt. In einem offenen Brief haben wir den Stand der Dinge geschildert – und bereits erste Rückmeldungen erhalten. Wir sind sehr gespannt, was sich daraus in den nächsten Tagen ergibt.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind eine Schöneberger Mietergemeinschaft, die sich anlässlich geplanter energetischer Modernisierungsmaßnahmen gegründet hat. Betroffen sind neun Häuser der Gleditschstraße 49-69 und 117 Mietparteien. Unsere Wohnanlage stammt aus den Nachkriegsjahren 1958 bis 1960, viele der Bewohner sind Mieter im Erstbezug und heute Rentner. Unsere Häuser stehen unter sogenanntem Milieuschutz, da sie zum Sozialen Erhaltungsgebiet Barbarossaplatz gehören.

Die von der GAGFAH gebaute Wohnanlage wurde in den letzten zehn Jahren dreimal verkauft und ist seit 2012 in Besitz der [NAME ENTFERNT], die die [NAME ENTFERNT] mit der Verwaltung und energetischen Modernisierung beauftragt hat.

Die Modernisierungsankündigung sieht den Austausch der alten Bestandsfenster durch dreifachverglaste Verbundfenster sowie den Einbau einer Lüftungsanlage vor. Ohne genügend Bedenkzeit (vier Werktage) hat etwa ein Drittel der Mieter eine Modernisierungsvereinbarung unterschrieben, denn man sehnt hier allgemein eine Verbesserung herbei – nach jahrzehntelang unterlassener Instandhaltung und einer unübersehbaren Vernachlässigung unserer Wohnanlage.

Eigene Recherchen (Besuch auf dem Stadtplanungsamt, Einsicht in die Bauakte) haben ergeben, dass das geplante Bauvorhaben außerdem eine Wärmedämmung der Fassade, die Aufstockung um ein sechstes Vollgeschoss, den Einbau von Aufzügen und die Neugestaltung der Außenanlage umfasst. Nach Schätzungen der Mietervereine kämen Mieterhöhungen von bis zu vier Euro/m2, also bis zu 50%, auf die Mieter in der Gleditschstraße zu und damit eine Miete, die deutlich über dem Mietspiegel läge.

Das Bauvorhaben wurde bislang noch nicht genehmigt, und wir wissen, dass man sich in der behördeninternen Diskussion uneinig ist. Auch wir haben große Zweifel, ob das zur Genehmigung vorliegende ambitionierte Modernisierungsvorhaben

  1. der Bausubstanz unserer Wohnanlage gerecht wird und vorhandenen Schimmel nicht einschließen würde;
  2. unterlassene Instandhaltung durch energetische Modernisierung kompensieren will, um die Kosten auf die Mieter umlegen zu können;
  3. die Minimalanforderungen der EnEV nicht deutlich übersteigt und damit die Auflagen der Sozialen Erhaltungsverordnung sprengt;
  4. dem erklärten Ziel der Sozialen Erhaltungsverordnung, die „Zusammensetzung der Wohnbevölkerung [nicht] zu gefährden“, Rechnung trägt, wobei „die Kosten der Maßnahme und deren Umlagefähigkeit auf die Mieter […] sowie die Vorbildwirkung für andere Vorhaben im Erhaltungsgebiet und die dadurch ausgelöste Verdrängungsgefahr für Teile der Wohnbevölkerung“ zu berücksichtigen sind.

Wir setzen große Hoffnungen in die von allen Parteien der BVV getragene Soziale Erhaltungsverordnung. Nun könnte nächste Woche schon gegen diese entschieden werden!

Wir wehren uns nicht gegen eine zeitgemäße Sanierung der Gebäude, noch despektieren wir Eigentümerrechte. Jedoch gehen die vorliegenden Modernisierungsmaßnahmen an den Anforderungen an zeitgemäßes Wohnen und Wirtschaften vorbei. Alternativen gilt es zu erörtern.

  • Unterstützen Sie uns im Kampf um eine maßvolle, nachhaltige und sozialverträgliche Sanierung!
  • Verhindern Sie die erhaltungsrechtliche Zustimmung zu dem Bauvorhaben in der vorliegenden Form!
  • Berufen Sie diesbezüglich eine Sondersitzung des Stadtentwicklungsausschusses ein!

Wir vertrauen auf Ihre politische Willenskraft!

Ihre Mietergemeinschaft Gleditschstraße

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